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Zusammenfassung:Olga Danylenko/Shutterstock21 bis 64 Tage soll es dauern, bis eine neue Gewohnheit verankert ist, sa
Olga Danylenko/Shutterstock
21 bis 64 Tage soll es dauern, bis eine neue Gewohnheit verankert ist, sagt die Wissenschaft. Viele glauben: Ist das einmal geschafft, läuft alles von selbst.
Das Konzept der Gewohnheiten liegt im Trend — wird aber oft falsch verstanden. Für komplexe Handlungen wird kein Automatismus entstehen. Jede komplexe Handlung wird eine Entscheidung bleiben, immer wieder.
Daher ist es sinnvoller und effektiver, sich ein klares Ziel zu setzen, zu verstehen, warum es wichtig ist und sich zu vertrauen — statt nur Gewohnheiten einzuüben.
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An diesem Versprechen dürfte jeder selbstoptimierungswillige Mensch schon einmal vorbeigekommen sein: Du willst fitter werden? Gesünder? Leistungsfähiger? Mehr Yoga, mehr Gemüse, mehr Jogging-Runden am Morgen? Make it a habit! Mach eine Gewohnheit draus.
Klar gibt es sie, die Gewohnheiten, die sich wie Automatismen anfühlen können. Wer mal das Vergnügen hatte, in Großbritannien Auto zu fahren kennt das unangenehme Gefühl, wenn die rechte Hand auf der Suche nach dem Schaltknüppel gegen die Seitentür schlägt. Mit rechts schalten ist eine Gewohnheit. An den Nägeln knibbeln ist eine Gewohnheit. Anderen helfen ist eine Gewohnheit. Auf dem Klo zum Smartphone greifen, den Partner küssen, über schwache Witze von Autoritätspersonen lachen. Alles Gewohnheiten. Aber Gewohnheiten sind überbewertet.
Gewohnheiten sind eine tolle Ausrede
Wir meinen die Gewohnheiten auch von unerwünschten Verhaltensweisen zu kennen: Der Schokoladenkeks am Nachmittag, der Milchkaffee, der längst durch einen Tee ersetzt werden sollte, der Samstagmorgen, der sich im Bett so viel besser anfühlt als bei Nieselregen im Park. Wäre es nicht toll, wenn das Gehirn uns in den Park laufen ließe, statt zum Kühlschrank?
Doch die unbequeme Wahrheit ist: All das sind keine Gewohnheiten im eigentlichen Sinn. Das sind Entscheidungen — leicht gefallene, zugegebenermaßen. Im wissenschaftlichen Konsens ist die automatische Handlung einer Gewohnheit so definiert: Sie läuft effizient ab, unbewusst, nicht absichtlich und nicht kontrolliert.
Aber wer findet sich unkontrolliert auf der Yoga-Matte? Gewohnheiten sind als Idee so verführerisch, dass ihre Funktion viel zu selten hinterfragt wird. Doch denken wir das einmal praktisch durch:
Würden regelmäßig Schokoladenkekse vor dem Mund auftauchen und dann reflexhaft verschlungen werden: DAS wäre unter Umständen ein Zeichen für eine Gewohnheit (oder für froschgleiche Reflexe). Vom Schreibtisch aufstehen, das Büro verlassen, den Aufzug nehmen oder die Treppe, zum Café gehen, anstellen, einen Keks aussuchen, kaufen, bezahlen, weitergehen, auspacken, essen — das ist keine Gewohnheit. Das ist eine sehr komplexe Handlung mit vielen kleinen Entscheidungen.
Im Schnitt dauert es 66 Tage, bis eine Gewohnheit etabliert ist
Es gibt jede Menge Studien, die den Glauben an die Gewohnheiten befeuern. Der Erste, der wissenschaftlich über Gewohnheiten schrieb, war Maxwell Maltz — Schönheitschirurg. Er notierte 1960, dass es im Schnitt 21 Tage dauerte, bis Patientinnen und Patienten sich nach der OP an ein neues Spiegelbild gewöhnt hatten. Oder daran, dass ein Bein amputiert wurde. So weit, so unrealistisch — allein schon deshalb, weil bei Amputationen Nerven betroffen sind.
Doch Gewohnheiten sind natürlich auch in der Forschung ein Trend. In einer Studie mit 96 Teilnehmenden dauerte es mindestens 18 Tage, bis eine neue Handlung halbwegs automatisch ablief, 66 Tage im Durchschnitt und maximal bis zu 254 Tage. Das wären also mehr als acht Monate. Dabei ging es darum, jeden Tag in einem festgelegten Kontext eine bestimmte Handlung auszuführen. Beispiele: Obst zum Mittagessen oder zum TV am Abend. Ein Glas Wasser nach dem Frühstück. 50 Sit-ups nach dem ersten Kaffee.
Mit einem Fragebogen wurde dann täglich abgefragt, wie leicht den Teilnehmenden die Handlung fiel. Sie wurde mit zunehmender Wiederholung immer leichter. Und es hatte übrigens keinen Einfluss auf das Ergebnis, wenn die Handlung einmal ausfiel.
Gewohnheiten sind oft nicht das, was der Begriff verspricht
Doch was sagt uns dieses Ergebnis jetzt über „Gewohnheiten? Ich glaube: Nichts.
So wissen wir nicht, ob die Leute in der Studie ihr Ziel nicht zum Beispiel mit Mentaltraining viel leichter und schneller erreicht hätten. Wir wissen nicht, wie es nach der Studie weiterging mit ihren neu eingeübten Verhaltensweisen. Wir wissen nur, dass sie am Schluss der Studie das Gefühl hatten, dass es ihnen leichter fiel, das zu tun, was sie sich lange zuvor vorgenommen hatten. Wir wissen nicht, warum das so ist.
Gewohnheiten sind oft nicht das, was der Begriff verspricht. Schon gar nicht sind sie ein Automatismus, der nach einer fixen Zahl von Tagen gilt und nicht mehr anstrengt, wenn man sie nur durchhält. Und ebenso ist es auch mit dem Joggen am Morgen oder der Yoga-Session. Das wird keine Gewohnheit im Sinne eines Automatismus. Nie. Egal, was euch Listicles im Internet versprechen und egal, an welchen starken Trigger ihr es bindet. Es wird immer eine Entscheidung bleiben. Denn Menschen laufen nicht in IF-THEN-Programmiersprache. Menschen laufen auf neuronalen Netzwerken — und die haben oft viel bessere Ideen, als frühmorgens Yoga zu machen.
Was ihr euch als Gewohnheit wünscht und was eigentlich eine Entscheidung ist, wird tatsächlich leichter, je öfter ihr die Handlung schon gemacht hat — weil der Körper sich daran gewöhnt. Dem Keks zu widerstehen ist einfacher, wenn der Blutzuckerspiegel stabiler ist. Yoga und Laufen werden leichter, wenn eure Muskeln härter werden. Gleichzeitig erkennen Gehirn und bewusstes Denken: Ah! Diese Handlung tut gut, das führen wir doch mal fort. Und so wird es immer leichter fallen, die Entscheidung zu treffen.
Selbstvertrauen als Abkürzung: Ihr tut, wofür ihr euch entschieden habt
Eine neue Gewohnheit anzustreben wird euch nicht schaden. Und natürlich ist es eine schöne Motivation, so ein Ideal zu verfolgen. Eventuell ist der Weg aber eher ineffizient.
Eine Abkürzung, um sich auch ohne Gewohnheiten so zu verhalten, wie man selbst das möchte, wäre die Abkehr vom Glauben an Schweinehund und Gewohnheit. Vertraut doch euren Zielen! Und vertraut eurer eigenen Fähigkeit, euer Leben zu gestalten. Ihr gestaltet eure Leben seit Jahren, weiter so!
Wenn ihr euch selbst vertraut, habt ihr den Kampf mit der Willenskraft abgehakt. Vergesst Willenskraft, vergesst Gewohnheiten. Gebt eurem Selbstvertrauen eine Chance. Die Entscheidung ist gefallen und ihr tut, wofür ihr euch entschieden habt. Kombiniert dieses Vertrauen noch mit einem regelmäßigen Zeitpunkt oder auslösenden Ereignis eurer Wahl, wie in der Studie empfohlen („nach dem Frühstück“ / „jeden Montag, Mittwoch und Freitag”), damit ihr euren Entschluss nicht vergesst. Und fertig.
Gewohnheiten kennen ein „Aber — Ziele nicht
Praktisch ist diese Idee leicht erklärt: Eine Frau nimmt sich für das neue Jahr vor, jeden Tag 10.000 Schritte zu laufen. Klassischer Neujahrsvorsatz. Die Formulierung ist gut und präzise: „Jeden Tag 10.000 Schritte“ klingt definitiv konkreter als „ich möchte mich mehr bewegen”.
Das Internet würde sagen: „Mach eine Gewohnheit draus, dann ist es ganz einfach, geht wie von allein. Das funktioniert nur definitiv nicht, wenn wir daran glauben wollen, dass der Körper die Schritte von allein tut. Denn plötzlich gießt es draußen in Strömen. Oder der Feierabend verzögert sich. Eine neue Staffel auf Netflix startet. Es gibt viele Gründe.
Gewohnheiten kennen ein Aber. Ziele nicht.
Bleiben wir bei der Frau mit ihrem Plan. Sie will laufen, 10.000 Schritte jeden Tag. Leichter wird es ihr fallen, wenn sie ein Ziel hat: Sie möchte 10.000 Schritte am Tag gehen, um fit für ihren ersten Wanderurlaub zu sein. Wer schon einmal in einer Flachland-Großstadt neue Wanderschuhe einlaufen musste, der kennt den Motivationsschub: Du läufst. Oder du kaufst Blasenpflaster.
Solche Ziele sind sehr stark. Sie fordern die Willenskraft nicht heraus, denn die Entscheidung für das, was passieren soll, ist schon vorher gefallen. Ziele und Selbstvertrauen ringen nicht mit dem inneren Schweinehund. Ein Ziel braucht nur eines: Vertrauen.
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