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Zusammenfassung:In der Werkstatt riecht es nach heißem...
In der Werkstatt riecht es nach heißem Metall, die Maschinen brummen, ab und zu piept ein Warnsignal. Durch die Fensterfront fällt das Licht auf einen Plexiglas-Kasten, unter dem sich — gehütet wie eine kostbare Skulptur — ein Teststand aus Aluminiumschienen befindet. Auf den Schienen simulieren Florian Janke und sein Team von der Technischen Universität München (TUM) die nächste Mobilitätsrevolution: den Hyperloop.Bei dem von Tech-Visionär Elon Musk erdachten Transportsystem werden Kapseln mit nahezu Schallgeschwindigkeit durch eine Röhre geschossen. Der bisher erfolgreichste Kapsel-Prototyp erreicht 467 Stundenkilometer — und brachte dem Team der TU im vergangenen Jahr den Sieg bei Musks Hyperloop-Wettbewerb in Kalifornien ein. Es sind studentische Projekte wie diese, aufgrund derer die TU München mittlerweile international in einer Liga mit den amerikanischen Elite-Gründerschmieden Stanford und dem MIT (Massachusetts Institute of Technology) spielt.Florian Janke streicht mit der Hand über das Plexi-Glas und wirft einen prüfenden Blick auf das Aluminiumgestell, auf dem sie in den kommenden Wochen den nächsten Weltrekord proben wollen. Zusammen mit drei Mitstudenten steht er um den Teststand und geht die Pläne für die neuen Prototypen durch. „So langsam beginnt die heiße Phase. Nächste Woche schneiden, sägen und fräsen wir die Gussform für das Carbongehäuse der Kapsel“, sagt er.Hyperloop-Kapsel kommt aus Werkstatt der TU MünchenEs gibt kaum eine Maschine in dem 1.500 Quadratmeter großen Makerspace des Gründerzentrums der TU, die das Hyperloop-Team noch nicht genutzt hat. 3D-Drucker, Laserschneider, Schweißgerät: Alles steht für sie kostenlos zur Verfügung, normale Studenten zahlen knapp 30 Euro Mitgliedsgebühr pro Halbjahr. Man kann mit großer Sicherheit sagen: Ohne den Makerspace gäbe es wahrscheinlich auch kein Hyperloop-Rekord.Die Werkstatt ist Teil des Gründungszentrums „Unternehmertum”, einem unabhängigen Institut der TU München, das 2002 von der Unternehmerin und BMW-Erbin Susanne Klatten gegründet und finanziert wurde.In dem schwarzen Blockgebäude auf dem Campus in Garching befindet sich das Epizentrum des Isar Valleys, wie die Münchener die Startup-Region gerne nennen. „Hier wird im Schnitt jede Woche ein High-Tech-Unternehmen ausgegründet“, sagt Helmut Schönenberger, Chef des Unternehmertum-Instituts.Unter den Alumni der TU ist auch ein Einhorn — so werden Startups genannt, die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind: Die Gründer des Software-Unternehmens Celonis haben hier im Gründerzentrum ihr erstes Stipendium bekommen und an ihrem Businessplan getüftelt. Mittlerweile ist die Firma Weltmarktführer für intelligente Prozessanalysen.Das deutsche Stanford: Keine andere deutsche Universität bringt so viele Startups hervor wie die TU MünchenErfolgsgeschichten wie diese gibt es an den Instituten der TUM viele. Zu den bekanntesten Absolventen zählt etwa Bionade-Gründer Peter Kowalsky, der hier Brauingenieurswesen studiert hat. Auch die Gründer des Flugtaxi-Dienstes Lilium haben ihr Unternehmen während des Studiums gegründet. Und irgendwann, sagt Florian Janke, wird sich vielleicht auch das Hyperloop-Team als Mobilitätsunternehmen ausgründen.Keine andere deutsche Universität bringt so viele Startups hervor wie die TU München. Laut dem Startup-Monitor 2018 haben etwa vier von 100 deutschen Gründern an der TUM studiert — damit führt die Uni das Ranking der besten Startup-Hochschulen schon im zweiten Jahr in Folge an. Auch im Gründungsradar des Stifterverbands steht die TUM an der Spitze. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lobte die Uni daher jüngst bei einem Ortsbesuch als „Europas größtes Gründer- und Innovationszentrum — und eines der besten noch dazu.”Was ist das Erfolgsrezept der Münchener? Schließlich hat nahezu jede deutsche Universität mittlerweile ein Gründungszentrum, doch kaum eine Hochschule hat eine solche Durchschlagskraft wie die TUM.Unterstützung der Universität geht weiter über Beratung hinausZum einen geht das Angebot der Universität weit über eine einfache Beratung hinaus. So wirbt das Unternehmertum-Gründerzentrum damit, die Startups „von der Idee bis zum Börsengang“ zu begleiten.Die Gründungsberatung unterstützt die Studenten in der frühen Phase bei der Entwicklung eines Businessplans, in der High-Tech-Werkstatt Makerspace können Gründer ihre ersten Prototypen verwirklichen, zudem gibt es einen Inkubator mit Arbeitsplätzen. Darüber hinaus greift das Institut den Gründern auch bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten unter die Arme, etwa mit einem Investorennetzwerk. Direkt im Gebäude sitzt sogar eine Wagniskapitalfirma.„Wir haben mittlerweile eine kritische Masse erreicht und sind so groß, dass wir auch eine gewisse Anziehungskraft haben”, sagt Sabine Hansky, die die Kommunikation des Instituts leitet. Das gilt einerseits für junge Talente, andererseits aber auch für Investoren.Exzellenz hängt stark von Zuwendungen aus der Wirtschaft abEin weiterer Grund für den Erfolg der Münchener offenbart sich, wenn man das Atrium des Unternehmertum-Instituts betritt. Die Wand links neben dem Empfang ist mit 81 weißen Rechtecken getäfelt, auf denen jeweils ein Firmenname prangt: Google, Facebook, SAP, BMW und Adidas sind darunter. Es ist die Liste der Industriepartner, ohne die es das Gründerzentrum nicht gäbe. Das Institut, das formal als GmbH registriert und unabhängig von der Universität ist, finanziert sich vor allem privat durch Einnahmen und Spenden, mit Milliardärin Susanne Klatten als Hauptsponsor. Auch auf dem Vorzeigeprojekt des Instituts, der Hyperloop-Kapsel, kleben zahlreiche Firmenlogos.Es ist diese Nähe zur Wirtschaft, die die TUM so stark macht, sagt ihr Präsident Thomas Hoffmann: „Die erfolgreichen Technischen Universitäten von morgen sind diejenigen, die es geschafft haben, mit den Wirtschaftsunternehmen Bündnisse einzugehen. Das können sowohl Startups als auch etablierte Unternehmen sein.“ Nur so gelinge es „High-Tech aus der Grundlagenforschung nach außen zu bringen, damit sie nicht im Labor verhungert.”Kaum eine andere deutsche Universität versteht sich so gut darauf, Drittmittel und Kooperationen aus der Wirtschaft einzuwerben. Rund 51 Millionen Euro sind im Topf der Universitätsstiftung, damit unterhält die TUM nach Angaben die größte Universitätsstiftung Deutschlands. Seit der Gründung im Jahr 2010 hat eine lange Liste sogenannter „Exzellenzpartner“ (Förderbeitrag ab 500.000 Euro) in den Fonds eingezahlt, darunter BMW, Google, RWE, Nestle, Siemens und Volkswagen.Kritiker sehen Unabhängigkeit der Lehre in GefahrKritiker meinen: Die Kooperationen laufen zu gut, manch einer sieht sogar die Unabhängigkeit der Wissenschaft in Gefahr. Jüngstes Beispiel ist eine Kooperation mit dem amerikanischen Tech-Konzern Facebook. Das Unternehmen, das ein Jahr mit zahlreichen Datenskandalen und negativen Schlagzeilen hinter sich hat, hatte im Januar bekannt gegeben, der TU München ein Institut für Ethik in der Künstlichen Intelligenz (KI) zu stiften. In den nächsten Jahren sollen rund 6,5 Millionen Euro in das Projekt fließen. Der Verdacht, dass Facebook die Uni zu Marketingzwecken instrumentalisiert, liegt nahe, die Universität weist den Vorwurf jedoch zurück.Klar ist: Exzellenz kostet Geld — und um im internationalen Wettbewerb zu bestehen, kommt kaum eine Hochschule um Drittmittel herum.Es sind allerdings nicht nur die Kooperationen und das Ökosystem des Gründerzentrums, die die Universität als Startup-Hub so stark machen. Einen wesentlichen Beitrag leistet auch ein Studiengang, den die TU zusammen mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) anbietet: In München kann man Innovation auch studieren.Spezieller Studiengang soll Innovatoren ausbildenZwischen dem Tischkicker und dem Paletten-Sofa des „Center for Digital Technology and Managements” (CDTM) herrscht gähnende Leere. Die Studenten, die hier normalerweise um ihre Laptops sitzen und an neuen Projekten feilen, sind heute bei einer Exkursion. Auf einem Milchbauernhof sollen sie etwas über digitale Landwirtschaft lernen.Ein Platz in dem interdisziplinären Studiengang „Technology Management“ ist begehrt: Rund 300 Leute bewerben sich jedes Semester, nur 25 werden genommen. „Wir haben hier unter anderem Architekten, Mediziner und Psychologen — und genau das ist der Witz an der Sache: Unterschiedliche Perspektiven sorgen dafür, dass etwas Neues entstehen kann”, sagt Studiengangsmanager Tom Schelo. Die Interdisziplinarität sieht er als Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Universitäten.Seit 20 Jahren bildet das CDTM in dem interdisziplinären Studiengang die „Innovatoren von morgen“ aus — mit Erfolg. Zu ihren Alumni zählen die Gründer der Fitness-App Freeletics, des Onlinemodehändlers Outfittery und die Modeplattform Stylight.Auch am CDTM ist die Nähe zur Wirtschaft spürbar. Das Curriculum ist projektbasiert, das bedeutet die Studenten werden auf „echte Probleme” von Kooperationspartnern wie Rolls Royce oder der Deutschen Bahn angesetzt. Ziel ist es, das erworbene Wissen aus dem Studium direkt in der Praxis anzuwenden. Zudem können die Studenten ein Auslandssemester an den amerikanischen Eliteuniversitäten Berkeley, MIT oder an der Columbia University machen.München ist ein schweres Pflaster für junge StartupsMit dem Studiengang „Technolgy Management“, der umfangreichen Betreuung durch das Gründerzentrum und den Millionen schweren Kooperationen mit der Wirtschaft hat es die TU München an die Spitze der deutschen Startup-Schmieden geschafft.Der Universität und der Stadt fällt es jedoch zunehmend schwer, die Startups im lokalen Ökosystem zu halten, denn die hohen Mietpreise in München erschweren die Ausgründung. Zu Beginn arbeiten viele Startups entweder in Büros, die ihnen der Lehrstuhl stellt, oder nutzen die Arbeitsplätze im Co-Working-Space des TUM Inkubators. Wenn es gut läuft und das Team größer wird, wachsen die Startups allerdings schnell aus den Uni-Kabuffs heraus und müssen sich neue Büros suchen — und das ist auf dem Münchener Immobilienmarkt eine große Herausforderung.„Als wir neue Räumlichkeiten für eine Werkstatt und Büros gesucht haben, waren wir zwischenzeitlich an dem Punkt, wo wir uns überlegt haben, wo anders hinzuziehen”, sagte Miriam Haerst, Mitgründerin des Medizintechnik-Startups Kumovis, das ebenfalls aus dem Gründerzentrum hervorgegangen ist. Schlussendlich haben Haerst und ihr Team doch noch etwas gefunden, allerdings nicht so zentral, wie erhofft.Auch das hat das Isar Valley wohl mit dem Silicon Valley gemeinsam: Die Anziehungskraft der Region ist so hoch, dass es sich junge Talente irgendwann nicht mehr leisten können — und zu einem anderen Hub abwandern.
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